Anabaptistische Anfänge
Mennoniten, Hutterer und Amische haben ihre Wurzeln in religiösen Reformbewegungen des 16. Jahrhunderts. Die Anabaptisten (Wiedertäufer) wurden so genannt, weil sie Erwachsenentaufe auf Bekenntnis des Glaubens anstatt Säuglingstaufe übten. Anabaptisten lehnten die automatische Verknüpfung von Kirche und Staat ab und behaupteten, dass religiöser Glaube eine Frage des individuellen Gewissens sei. Sie ersetzten die hierarchischen Systeme anderer christlicher Traditionen durch ein "Priestertum aller Gläubigen", in dem Mitglieder der Gemeinschaft zusammenkommen, um die Heilige Schrift zu interpretieren und einander zu ermutigen, ihren Glauben zu leben. Die meisten Wiedertäufer lehnten die Teilnahme am Krieg ab. Einer der frühen Führer war Menno Simons, von dem der Name "Mennoniten" abgeleitet wurde.
Mennoniten, Amische und Hutterer, zusammen mit der Brüdergemeinde, der Brüder in Christus und der Gesellschaft der Freunde (Quäker), werden manchmal als "Friedenskirchen" bezeichnet. Viele der Friedenskirchen wurden schon während ihrer Formation ihres Glaubens wegen verfolgt, und das beeinflusste tiefgehend ihr Verständnis der biblischen Interpretation, des Friedens, der Gemeinschaft, der Pflicht gegenüber dem Staat, und der Treue zu Gott und der Kirche.
Migrationen
Mennoniten stammen vorwiegend aus den Niederlanden, der Schweiz und Süddeutschland. Ende des 18. Jahrhunderts gab es auch bedeutende mennonitische Siedlungen im Elsass und den Pfalzregionen (Deutschland), Preussen (im nördlichen Polen), Südrussland (Ukraine) und Pennsylvania. Die Siedlungen in Russland dehnten sich im 20. Jahrhundert nach Sibirien aus, ursprünglich als freiwillige Siedlungen und während Stalins Ära als Zwangsumsiedlung.
Die ersten Mennoniten, die sich dauerhaft in Nordamerika niederliessen, taten dies in Germantown, Pennsylvania, 1683. Während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts siedelten sich Mennoniten aus der Schweiz und dem heutigen Deutschland in anderen Teilen von Pennsylvania, Ohio, Indiana, Illinois, und anderswo in den östlichen Vereinigten Staaten an.
Die ersten Mennoniten, die sich in Kanada niederliessen, kamen 1786 aus Pennsylvania auf der Suche nach neuem Ackerland in das Niagara-Gebiet; einige kamen auch, weil sie nach der amerikanischen Revolution unter britischer Herrschaft bleiben wollten. In den frühen 1800er Jahren gab es in der heutigen Waterloo Region und in Markham bedeutende Siedlungen dieser "Schweizer Mennoniten" (so genannt wegen ihrer überwiegend Schweizer Abstammung). In den 1820er Jahren begannen sich Amische Einwanderer aus Europa in den Bezirken von Waterloo, Perth und Oxford niederzulassen.
Zwischen 1874 und 1880 wanderten mehr als 18.000 Mennoniten aus Russland nach Manitoba, Süd-Dakota, Minnesota, Nebraska und Kansas mit Unterstützung der Schweizer Mennonitengemeinschaft ein. Das Ende der vollständigen Befreiung vom russischen Militärdienst und reduzierte Kontrolle über das Schulwesen waren wichtige Faktoren in dieser Migration. Etwa ein Drittel der russischen Mennoniten wanderten nach Nordamerika aus.
In den Jahren nach 1890 zogen Tausende von Mennoniten von Manitoba nach Saskatchewan, wo sie sich in den Gebieten nördlich des heutigen Saskatoon und südlich von Swift Current niederliessen. Zusammen mit Neuankömmlingen aus Russland, Preussen und den Vereinigten Staaten diversifizierten sie die mennonitische Bevölkerung. Im Jahre 1911 erreichte die Anzahl der Mennoniten in Saskatchewan dieselbe wie in Manitoba, etwa 15.000 Menschen in jeder Provinz. Ungefähr zur gleichen Zeit zogen einige nach Alberta, aber die Zahlen in Alberta blieben kleiner. Nach 1890 zogen die Russland-Mennoniten innerhalb der Vereinigten Staaten nach Oklahoma, Nord-Dakota, Oregon, Kalifornien und in andere westliche Staaten.
In den Jahren von 1922 bis 1926 emigrierten etwa 7.700 kanadische Mennoniten aus Manitoba und Saskatchewan nach Mexiko und Paraguay aufgrund eines Rückgangs der Autonomie in Fragen wie z.B. Bildung. Anfang der fünfziger Jahre kehrten beträchtliche Zahlen aus diesen Gruppen nach Kanada zurück - etwa 50.000 Mennoniten ins südwestliche Ontario allein.
Auch noch in den 1920er Jahren wanderten weitere 20.000 Mennoniten aus der Sowjetunion nach der russischen Revolution und dem Bürgerkrieg nach Kanada ein, und zwar geschah das durch die Arbeit der russischen Mennoniten im Westen Kanadas mit Hilfe des Kanadisch-Mennonitischen Kolonisationsrats. Die neuen Einwanderer siedelten sich von Ontario nach British Columbia an. Durch den Zweiten Weltkrieg vertrieben, zogen weitere 12.000 Mennoniten aus der Sowjetunion mit Hilfe des Kanadisch-Mennonitischen Kolonisationsrats und des Mennonitischen Zentralkomitees nach Kanada oder Südamerika.
Mennoniten heute
Im Jahr 2015 wurden fast 700.000 Mennoniten in Nordamerika gezählt. In den letzten Jahren sind Menschen aus vielen verschiedenen Religionen und ethnischen Hintergründen den Mennonitenkirchen beigetreten. Eine weitere Entwicklung ist die Gründung von Gemeinden mit "neuen Mennoniten", die aus Einwanderern von chinesischen, südkoreanischen, hispanischen, laotischen und anderen ethnischen Gruppen bestehen. Einige Mennoniten haben die mennonitischen Kirchen verlassen, identifizieren sich aber immer noch als Mennoniten. Heute haben sich viele Mennoniten in die Volksgesellschaft integriert, sie leben in grossen Städten und arbeiten in einer Fülle von Berufen. Andere haben verschiedene Grade der Trennung von der Gesellschaft beibehalten, einschliesslich jener, die Pferd und Wagen für den Transport benutzen, charakteristische Kleidung tragen und vorwiegend das Land bearbeiten. Aufgrund der Migrationen und der Missionstätigkeit des 20. Jahrhunderts leben heute 1.6 Millionen Mennoniten auf sechs Kontinenten.
Online-Informationen
Mennoniten sind aufgrund ihrer vielfältigen Herkunft, ihrer Migrationen, ihrer Missionstätigkeit und ihrer Betonung auf Gemeinschaft ein Volk mit vielen Zweigen und Spaltungen. Für zuverlässige Information über Mennoniten und verwandte Gruppen, einschliesslich Information über Einzelpersonen, Familien, Gemeinden und Institutionen, siehe Global Anabaptist Mennonite Encyclopedia Online unter www.gameo.org.